Fürther Landkreis Nachrichten - 12.11.2004 - [B0411121]
FÜRTH Land - Zu unattraktiv die Linienführung, ein teurer Klotz am Bein des Landkreises, ein auf Wunschdenken fußendes Projekt: Am Rande der Debatten um die Fortführung der U-Bahn-Linie 3 in den Landkreis Fürth hat die Interessengemeinschaft Bibertbahn (IG) viel Kritik für ihre Forderung, die Bibertbahn-Trasse zu reaktivieren, einstecken müssen. Indes: Aufs Abstellgleis sieht sich die Lobby einer wieder belebten Bibert-Bärbel nicht rangiert.
Selbst angesichts der einmütigen Beteuerungen im Rathaus Nürnbergs und im Landratsamt Fürths, an der Verlängerung der U 3 festzuhalten, geht die IG davon aus, dass eine Regionalbahnlinie auf der Biberttrasse als Alternative zur U-Bahn noch lange nicht ad acta gelegt ist. Vielmehr halten es Franz X. Forman, stellvertretender IG-Vorsitzender, und Jörg Schäfer vom Fahrgastverband pro Bahn für sehr wahrscheinlich, dass die Diskussion um die U-3-Verlängerung in ein, zwei Jahren erneut genauso hochkochen könnte, wie gehabt.
Die Erklärungen pro U-Bahn betrachten sie als Scheinidylle. "Das ist die politische Linie, die nach außen vertreten wird, doch klopft man nur ein bisschen an die Fassade", sagt Forman, "tritt die Wirklichkeit zu Tage." Und die zeigt sich nach Ansicht des IG-Sprechers in Gesprächen hinter den Kulissen, in denen sich die Verkehrsplaner in den Behörden überraschend offen gäben, vor allem aber in leeren öffentlichen Kassen. "Den Nebensatz, dass wir das Geld für ein derart teures Prestigeobjekt nicht haben", vermisst Schäfer bei allen öffentlichen Bekenntnissen zur U 3.
Doch mit dem Argument "wir tun doch was" könnten sich die verkehrspolitisch Verantwortlichen derweil gemütlich zurücklehnen. Eine Entlastung der Rothenburger Straße auf absehbare Zeit aber zeichne sich nicht ab. Bestenfalls in 20 Jahren könnte die U 3 nach Einschätzung Formans in Oberasbach ankommen. Doch die Verkehrslawine auf der Rothenburger Straße plagt die Anwohner jetzt, unterstreicht er. Mit den Autos staue sich der Unmut.
Den Faktor Zeit hält Forman ohnehin für den fragwürdigste Parameter der ganzen Rechnung: In detaillierte Vorarbeiten kann der Landkreis nach Einschätzung der IG "irgendwann in sieben plus x Jahren" gehen. Denn frühestens in zehn Jahren, so die offizielle Lesart, stößt die U-Bahn an die Kreisgrenze. Die Bibertbahn dagegen könnte binnen zwei Jahren wieder rollen. Und das für höchstens acht Millionen Euro Investitionen - grob geschätzt also zu einem Zehntel der Kosten, die der U-Bahn-Bau verschlingen würde. Doch der Faktor Zeit arbeitet der IG auch zu. Mit den zähen Fortschritten bei der U-Bahn-Planung, beobachtet Forman, mehrten sich die Sympathiebekundungen der Bevölkerung für das IG-Projekt.
Das liegt vor allem an den horrenden Summen, die die öffentliche Hand, letztlich also der Steuerzahler, für den U-Bahn-Bau aufbringen müsste. Konkrete Kostenkalkulationen aber gibt es im Augenblick noch nicht. "Das ist ein Stochern im Nebel", meint Forman. Weshalb er als Stadtrat der Freien Wähler bei den Etatberatungen Oberasbachs beantragen wird, eine entsprechende Verkehrsstudie in Auftrag zu geben. Die IG rechnet mit 70 bis 80 Millionen Euro Kosten für den Bau der noch immer favorisierten U-Bahn-Variante. Nach der Haltestelle Fürth-Süd würde sie sich in zwei Äste gabeln - zum einen oberirdisch Richtung Zirndorf-Bahnhof über einen neuen Halt im Altfeld, zum andern unterirdisch bis zur Jet-Tankstelle in Oberasbach.
Letzteres, das bewerten Forman zufolge auch die Planer so, sei keine optimale Lösung. Forman verurteilt den Endhaltepunkt Jet-Tankstelle "mitten in der Stadt" als "städteplanerischen Unsinn". Konsens herrsche in der Noris, dass für die U-Bahn keinesfalls an der Gustav-Adolf-Straße Schluss sein dürfe, eben weil in der dortigen Wohnbebauung kein Platz sei für Park+Ride-Flächen. "In Oberasbach aber soll das funktionieren?" ereifert sich Forman.
Für die Anlieger der Rothenburger Straße, die an einer der meist befahrenen Staatsstraßen Bayerns leben, käme das Forman zufolge einer enormen Verschlechterung gleich. "Der Haltepunkt zieht noch mehr Pendler im Auto in die Stadt", eine Verlängerung der U-Bahn bis Leichendorf stehe ohnehin noch in den Sternen.
Die Kritik von Landrätin Gabriele Pauli, der Verlauf der Biberttrasse sei unattraktiv, halten Forman und Schäfer ohnehin für wenig stichhaltig: "Würde man diesen Einwand konsequent weiterdenken, könnte auch der Landkreis seine U-Bahn-Pläne einpacken, denn der nördliche U3-Ast soll nur unweit der Biberttrasse im Untergrund fahren."
Auch den Einwand der Kreisspitze, gefördert würde nur die U- oder die Bibertbahn, keinesfalls beides, entkräften die IGler: Stimmt nicht, sagen sie, weil die Bibertbahn alle Optionen offen ließe und als Vorlauf-Betrieb für die U-Bahn einzustufen wäre. "Die Hochstrecke zwischen Eberhardshof und der Stadtgrenze Fürth ist jahrelang von der Straßenbahn bedient worden, bevor die U-Bahn hier verkehrte. Dort hat auch keiner Fördergelder zurückgefordert", meint Schäfer.
Finanziell belasten würde eine Regionalbahn-Linie die Kommunen garantiert weniger stark als eine U-Bahn. Denn sowohl Bau und Betrieb seien per Gesetz erst einmal Sache des Freistaates - der sich allerdings gegen die Wiederinbetriebnahme der Regionalbahnlinie sperre, wie Schäfer einräumt.
Trotzdem: Argumentationshilfen, eine Bahnlinie auf der Biberttrasse auch gegen den Willen des bayerischen Verkehrsministers Otto Wiesheu durchzusetzen, hätte Schäfer einige parat. Warum etwa sollte der Großteil der Milliarde, die der Freistaat pro Jahr für Investitionen und Betrieb des schienengebundene Personennahverkehrs vom Bund erhält, nach Nürnberg oder München fließen, während der Landkreis Fürth anteilig viel zu wenig berücksichtigt wird?
Oder warum betreibt der Freistaat andernorts Nebenlinien, die weit weniger als die für die Bibertbahn prognostizierten 4000 Fahrgäste täglich transportieren? "Alles, auch der vom Landkreis zu finanzierende Eigenanteil an den Betriebskosten, ist eine Frage des Verhandlungsgeschicks und eine Frage des politischen Willens derer, die vor Ort das Sagen haben", findet Schäfer. "Aber die", sagt Forman, "streben offensichtlich nach der Taube auf dem Dach statt nach dem Spatz in der Hand."
Als Klotz am Bein des Landkreises könnte sich eine reaktivierte Bibertbahn in der Tat dann erweisen, wenn sie - mit einem attraktiven Takt und sinnvoll ins bestehende Busnetz eingebunden - recht erfolgreich liefe, interpretiert Schäfer Paulis Attacke um. Denn dann gäbe es keine Veranlassung mehr, an der U3-Verlängerung festzuhalten. Womit die Wunschträume anderer geplatzt wären . . .
SABINE DIETZ
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